Rezension eines Lehrers:

 

„Wie wird das werden, wenn wir unsere 135 Augsburger Schülerinnen und Schüler der 9.Jahrgangsstufe an einem für bayerische Gymnasien obligaten „Kulturtag“ ins Kino führen, damit sie ihre Kenntnisse über die Zeit des Nationalsozialismus vertiefen?“ Eine bange Frage, die sich Lehrerinnen und Lehrer stellen, wenn sie sich auf dieses Unterfangen einlassen.

 

 

 

Die Antwort: Es wird ruhig und konzentriert, intensiv im Nachgespräch und bewegend in der unterrichtlichen Auswertung, wenn du sie in den Film „Die Stille schreit“ von Regisseur Josef Pröll führst. Der Dokumentarfilm zeigt, wie die jüdischen  Mitglieder der Augsburger Unternehmersfamilien Friedmann und Oberdorfer durch die Gewaltherrschaft der Nationalsozialisten allmählich  materiell enteignet und sodann ins Exil, wenn nicht gar in den Suizid, getrieben werden. Die Orte des Geschehens sind dabei allen wohlbekannt. Man beschreitet sie täglich. Die Anwesenheit von Miriam Friedmann, der Enkelin der einstmaligen Unternehmersfamilie in der Maximilianstraße, verdichtet die konzentrierte Atmosphäre noch mehr. Geschichte wird konkret und greifbar.

 

 

 

 

 

Am besten bringen die Schülerinnen und Schüler selber zum Ausdruck, was sie an diesem Vormittag im Kino erlebt haben.

 

So schreibt ein 15-jähriger: „In Büchern wird nie wirklich davon geschrieben, dass jeder Mensch in der Zeit des Nationalsozialismus ein Leben hatte mit Freunden, Familie und Gefühlen. In Büchern ist nur von Zahlen die Rede. Unerwartet war, dass auch in Augsburg viel Schlimmes geschehen ist.“

 

Und ein anderer: „In Geschichte denkt man immer, das ist schon lange her, damit habe ich ja nichts zu tun. Aber dort im Film hat man gesehen, dass das alles noch gar nicht so lange her ist und dass das hier an Orten passiert ist, an denen man jeden Tag vorbeiläuft.“

 

Und ein Dritter schließlich schlussfolgerte für sich: „Ich nehme von dem Film mit, wie schrecklich es für die Juden in der NS-Zeit war und dass man sich gegen die Benachteiligung verschiedener Gruppen einsetzen sollte.“

 

 

 

Mehr kann an einem „Kulturtag“ am bayerischen Gymnasium wahrlich nicht erreicht werden.

 

So können wir nur anregen und empfehlen, dass auch andere Schulen diesen Film aufsuchen, nach dessen Aufführung jeweils Miriam Friedmann und Josef Pröll zum Gespräch einladen, die beide ihre Absichten mit dem Film folgendermaßen formulieren: „Die Dokumentation mahnt zu fortwährender Wachsamkeit des Gewissens und eigenverantwortlichem Befragen stets mißbrauchsanfälliger hoheitlicher Regelsetzung und ihres Vollzuges auf Verträglichkeit mit Menschenwürde, Freiheit und Gleichheit." Dem ist nichts hinzuzufügen.

 

 

 

Peter Biet, Lehrer für evangelische Religionslehre am Holbein-Gymnasium Augsburg